Missiles of October from Berlin

Kaum ist die Raketenkrise auf der Karibikinsel dann ausgebrochen, scheint West-Berlin noch mehr gefährdet: Würde ein amerikanischer Angriff auf Kuba nicht eine sowjetische Revanche in Berlin geradezu herausfordern? Spielt Willy Brandt für diesen Fall mit dem Gedanken, die »Zone« zum Aufstand zu ermuntern? Verschlüsselt, wie es oft seine Art ist, schreibt er 1976, er habe damals vor Fehl­kalkulationen warnen wollen: Wenn etwas gegen Berlin unternommen werde, »könnten wir nicht auch noch unsere Landsleute in der ›Zone‹ beschwichtigen«. Von einigen, die die Zusammen­hänge nicht kannten, sei das damals als Spiel mit dem Feuer kritisiert worden – »doch wir hatten Anlaß, den gewichtigeren Warnungen der Weltmacht auch die unsere hinzuzufügen«, und sie sei dort, wo sie verstanden werden sollte, wohl auch verstanden worden. Etwas Ähnliches wie der Aufstand vom 17. Juni 1953 habe gewiß nicht im Interesse der Sowjetunion gelegen. Egon Bahr wird da deutlicher: »Ernsthaft überlegten wir zum erstenmal, ob es in einer solchen Situation, in der es um alles geht, nicht richtig wäre, über alle erreichbaren Sender zum Aufstand in der Zone aufzurufen und die Volksarmee dazu, Befehle zum Einsatz gegen Berlin zu verweigern und die Gewehre umzudrehen. Wir waren 1962 davon überzeugt, ein solcher Aufruf wäre befolgt worden …«

—Peter Merseburger, »Willy Brandt«, (München: Pantheon Verlag, 2013), 436.

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